Die Problemlöser in einer digitalen Welt

Interactive Media Designer*innen entwerfen Kommunikationslösungen für erlebnis- und benutzerorientierte digitale Systeme, Produkte und Dienstleistungen. Der Fokus liege immer auf den Nutzenden – ohne die eigene, kreative Handschrift wegzulassen, sagt Rosa Maria Ventre, Co-Lehrgangsleitung HF Interactive Media Design an der Schule für Gestaltung. Die visuelle Gestalterin spricht im Interview über die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine.
Weshalb würdest du den berufsbegleitenden HF-Lehrgang Interactive Media Design gerne selber als Studentin besuchen?
Rosa Maria Ventre, Co-Lehrgangsleitung HF Interactive Media Design: Ich bin Gestalterin, gelernte Grafikerin. Im klassischen Grafikdesign fehlt im Gegensatz zur interaktiven Gestaltung die Dimension der Interaktion. Es ist zum Beispiel schwierig, ein Markenerlebnis auf gedruckten Werbemitteln vollumfänglich zu vermitteln. Mit interaktiven Möglichkeiten und bewegten Bildern kann ich stärkere Emotionen hervorrufen und eine Geschichte einprägsamer erzählen. Dies bleibt den Menschen in Erinnerung. Ich würde mir im Lehrgang HF Interactive Media Design also das Wissen und die Fähigkeiten aneignen, um einen Schritt weiterzugehen als mit den analogen Möglichkeiten. Zu meiner Ausbildungszeit bestand dieses Weiterbildungsangebot noch gar nicht, da die digitale Welt noch in den Kinderschuhen steckte. Mich hat aber schon früh alles fasziniert, was mit Bit und Bytes sowie interaktiven Medien zusammenhängt.
Vor 16 Jahren hast du dein Studio für visuelle Kommunikation gegründet, Matrix-Design & Kommunikation. Wie lässt du die Lehrgangs-Teilnehmenden von deiner Berufserfahrung profitieren?
Kürzlich im Unterricht über Digital Branding habe ich den Studenten*innen aus der Praxis darüber berichtet, warum eine Markenentwicklung ausgezeichnet funktionierte und weshalb eine andere Umsetzung schlechter ankam. Zudem kann ich dank meiner langjährigen Erfahrung in der Konzeption und in der visuellen Gestaltung die Studierenden bei ihren Projektarbeiten unterstützen.
Wo liegen denn die Fallstricke bei der Markenentwicklung?
Man analysiert das Bedürfnis, verfolgt eine Idee, definiert die Zielgruppe und zeichnet den Weg, den man einschlagen will, um für den Nutzer das bestmögliche Ergebnis zu realisieren. So vermitteln wir das auch im Unterricht. In der Praxis haben wir es zusätzlich noch mit den Vorstellungen der Auftraggebenden zu tun. Manchmal haben diese Mühe, sich von ihren eigenen Präferenzen zu lösen und sich in ihre Kunden hineinzuversetzen. Das kann bei der Markenführung oder beim Visual Design vorkommen, aber natürlich auch bei Produktentwicklungen.
Wie argumentierst du in solchen Momenten, um deine Auftraggeber*innen von einer besseren, kundenorientierteren Lösung zu überzeugen?
Das beste Argument hält man in den Händen, nämlich ein sorgfältig erstelltes Konzept. Deshalb legen wir hier an der Schule für Gestaltung auch Wert darauf, dass alle Phasen fundiert erarbeitet und sauber dokumentiert werden. So kann man den/die Auftraggeber*in bestens abholen und zusammen mit einem ästhetischen Visual Design für die Umsetzung begeistern.
Diese Kundenorientierung spiegelt sich auch in den Diplomarbeiten der Studierenden.
Unsere Hauptaufgabe ist es immer, ein Bedürfnis oder ein Problem zu identifizieren. Dafür entwickeln wir dann eine Lösungs-Idee. Interactive Media Designer*innen sind Problemlöser in der digitalen Kommunikationswelt. In die zwei Diplomarbeiten während des Studiums fliessen das gesamte Wissen und Können mit ein. Die Studierenden wählen ein Projekt, das ihnen am Herzen liegt und brechen dieses auf das Bedürfnis der Nutzer*innen herunter. Der Schwerpunkt ist immer aufs Gegenüber ausgerichtet – ohne die eigene, kreative Handschrift wegzulassen.
Ist die Lösung immer eine App?
Nein, überhaupt nicht. Sprechen wir von digitalen Medien, dann kommt allen eine App oder Website in den Sinn. Es geht aber viel mehr um digitale Schnittstellen. Um Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Um das Aussehen und die Bedienung eines Systems: Das kann das Interface eines Billettautomaten sein oder eines Navis, das der Person die Richtung weist. Es geht um digitale Systeme jeglicher Art, die durchaus von einer App begleitet sein können. Beispielsweise können Funktionen in modernen Fahrzeugen mittels App ausgelöst werden.
Das hört sich so an, als ob Interactive Media Designer*innen in ihrem Berufsalltag auf viele Synergien stossen.
Die interdisziplinäre Arbeitsweise und das Nutzen von Synergien der fachübergreifenden Zusammenarbeit ist für Interactive Media Designer*innen wichtig. Ich sehe auch für unseren Lehrgang mögliche Synergien, zum Beispiel mit der Ostschweizer Fachhochschule (OST). Eine Kooperation mit den technisch orientierten Studierenden der OST wäre spannend. Wir könnten gemeinsam ganzheitliche Systeme entwickeln, die technisch und betreffend Ästhetik und Benutzerfreundlichkeit ideal für die Nutzer*innen sind.
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