Dozent Florian Schällibaum verabschiedet sich

Abschied nach 14 Jahren: Dozent Florian Schällibaum verlässt die Baukaderschule und widmet sich wieder voll und ganz seinem Unternehmen. Ein Rückblick.
Wenn in wenigen Wochen das Schuljahr zu Ende geht, geht für Florian Schällibaum auch seine Zeit an der Baukaderschule St.Gallen zu Ende. Nach 14 Jahren als Dozent im HF Lehrgang Bauplanung mit Vertiefungsrichtung Architektur sowie Bauplanung mit Vertiefungsrichtung Ingenieurbau gibt er das Zepter weiter. Damit schliesst sich für ihn ein Kapitel, in dem er viel gelehrt, aber auch viel gelernt hat. Er bestreitet das Fach zusammen mit seinem Berufskollegen Martin Birrer.
2007 begann Florian Schällibaums Lehrtätigkeit an der Baukaderschule. Er, der die Schule an der Schreinerstrasse schon aus seiner Hochbauzeichner-Lehrzeit kannte, wurde von einem Gewerbeschullehrer angesprochen, ob er sich das Unterrichten vorstellen könnte. Schällibaum sagte zu und merkte schnell: Das wird taff. Ohne bereits vorhandene Lehrmittel fing er bei Null an, bereitete Unterrichtsblöcke vor, optimierte, passte immer wieder an. Den Schwerpunkt legte er auf die Praxis, besuchte mit seinen Klassen beispielsweise regelmässig Baustellen, neue Objekte und Ausstellungen. Er sagt:
«Die Schicht der Techniker muss lernen, gesamtheitlich zu denken. Genau dieses Denken wird im Lehrgang geschult.»
Dabei sei der Prozess wichtiger als das Resultat. Über welche Wege komme ich zum Ziel? Welche Player muss ich mit ins Boot holen? Mit solchen Fragestellungen werde man im Alltag regelmässig konfrontiert. Im Lehrgang lernt man auch, Mut zu fassen, um Probleme anzupacken. Und: sie zu lösen.
Die Baukaderschule ist als Bildungsinstitution auch für den Standort Ostschweiz wichtig, sagt Florian Schällibaum.
«Viele junge Leute in unserer Branche studieren in Winterthur oder Zürich. Und ein grosser Teil von ihnen bleibt dann auch dort.»
Um einen hiesigen Fachkräftemangel zu verhindern, braucht es fundierte Ausbildungen. «Dass man den Lehrgang an der Baukaderschule berufsbegleitend machen kann, ist extrem wertvoll. Das Ausbildungskonzept mit Zwischenschritten zum Ziel finde ich genial.»
Über die Praxis eingestiegen
Dass Florian Schällibaum einmal Architekt werden sollte und dieses Wissen weitergeben wird, wurde ihm gewissermassen in die Wiege gelegt. Die eine Hälfte der Verwandtschaft arbeitet in der Baubranche, die andere in der Pädagogik. Florian Schällibaum wusste schon früh, dass er in Richtung Architektur gehen will. Er entschied sich für den Einstieg über die Praxis, absolvierte eine Lehre in St.Gallen, die Berufsmatura, und studierte danach in Winterthur. Nachdem er seine ersten beruflichen Erfahrungen in einem Architekturbüro in St.Gallen gesammelt hatte, wechselte er ins Familienunternehmen: in die Schällibaum AG, die sein Onkel Hansueli Schällibaum im Jahre 1965 gegründet hatte.
Die Schällibaum AG beschäftigt heute 100 Mitarbeitende, zwei Drittel am Hauptsitz im Wattwil, einen Drittel am Standort Herisau. Das Unternehmen bietet Architektur- und Ingenieurleistungen an – von der Beratung über die Projektierung bis hin zur Realisierung. Im Bereich der Architektur ist die Schällibaum AG für verschiedene Branchen tätig – sei es in der Industrie, in der Fürsorge, Schul- sowie Sportbauten oder Arealplanungen.
Als Projektleiter das Hotel Säntis mitrealisiert
Ein Projekt, das heraussticht, ist das Hotel Säntis auf der Schwägalp. Unter der Leitung von Florian Schällibaum wurde das damalige Vorprojekt für einen Hotelneubau überarbeitet, optimiert – und letztlich realisiert. «Schon alleine aufgrund der Dimension war das für uns ein spezielles Projekt», sagt der Architekt. Die Herausforderung: Der Neubau muss einerseits Tagestouristen und Ausflüglern gerecht werden, andererseits aber auch ein ruhiger Ort für Hotelgäste und Tagungsgäste sein. Trotz der Grösse musste beim Bau auf die natürliche, geschützte Umgebung Rücksicht genommen werden. Es galt etwas zu erschaffen, das sich in den bestehenden Kontext einfügt.
So besteht die Anlage heute aus einem massiven Erdgeschoss-Sockelbau, in dem das Restaurant untergebracht ist. Das eigentliche Hotel ruht als Hochbau mit Holzfassade auf den Sockelgeschossen. Erstellt wurde der Rohbau aus Kies vom Aushub, der vor Ort aufbereitet und zu Ortbeton verarbeitet wurde. Schaut man sich das Hotel genau an, wird das gesamtheitliche Denken bis ins kleinste Detail sichtbar.
Zur Gestaltung der Innenräume wurde eigens eine Recherche für Motive gestartet. Aus natürlichen Formen wie spiralförmigen Pflanzenblüten und Winden in der Meteorologie gelangte man zu ähnlichen Formen in der Bauernmalerei, der Stickerei, der Sennensattlerei und in Scherenschnitten. Das passte. Denn: «Wir wollten ein Stück Tradition einfliessen lassen.» Aus diesen wiederkehrenden Spiralformen entwickelte das Planerteam ein Grundelement in Form einer Schlinge, das in Kombination zu einem Ornament zusammenfliesst. Diese Form findet man heute etwa an der Fassade, dem Teppichboden, in Leuchten, auf Kerzengläsern oder im Fensterglas.

Das Holzmodell des Hotels steht noch im Lager in Wattwil, als Erinnerung. Künftig wird Florian Schällibaum wieder mehr Zeit hier verbringen. Die Doppelbelastung Firma und Schule ist auch der Grund, wieso er seine Arbeit als Dozent niederlegt. Zu stark ist er momentan im Unternehmen gefordert. Die Schällibaums bleiben der Baukaderschule trotzdem erhalten. Florian Schällibaums Sohn Patrik soll seine Nachfolge antreten. Die Familientradition bleibt – im Büro, auf der Baustelle und im Klassenzimmer.