Informatikmittelschule als Chance für die Wirtschaft
Per August 2023 bietet das GBS St.Gallen eine Informatikmittelschule mit Berufsmaturität Technische Richtung (IMS-T) an. Die erworbenen Kompetenzen entsprechen dabei jenen eines/r klassischen Applikationsentwickler*in EFZ. «Für den Erfolg unserer IMS-Schüler*innen sind wir auf eine enge Zusammenarbeit mit potenziellen Praktikumsfirmen angewiesen», sagt Jürg Pfeiffer, Leiter der Abteilung Technische Berufe. Um Praktikumsplätze zu finden, fand ein Workshop mit namhaften Partnern wie <IT>rockt, der Raiffeisen, Innosolv, Abraxas, Helvetia, dem BZW Rapperswil oder der Kantonsschule am Brühl statt.
Vernetzen, gemeinsam vorantreiben – aber bitte ohne Knoten. Jürg Pfeiffer stellte mit Hilfe einer blauen Schnur gleich zu Beginn des Workshops sicher, dass die Lehrpersonen des GBS St.Gallen und die Firmenvertreter*innen in Bezug auf die neue IMS-T am selben Strang ziehen. Nach dem spielerischen Warm-up wurden Antworten gesucht:
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Wie können gemeinsam qualifizierte Nachwuchskräfte aufgebaut werden?
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Welches Wissen und Kompetenzen sollen die Praktikanten*innen im 2. und 4. Lehrjahr mitbringen?
Nach Ansicht des GBS St.Gallen ist ein hoher Anteil an praktischen oder zumindest praxisnahen Arbeiten die Erfolgsbasis. «Die Praktika spielen eine zentrale Rolle», verdeutlichte Jürg Pfeiffer. Insbesondere das letzte Praktikum, das sich über ein Jahr erstreckt, ist im Hinblick auf die Lehrabschlussprüfung essenziell. Es bietet den Schülern*innen die Gelegenheit, tiefer in ein Unternehmen und dessen Produkte einzutauchen. Ebenfalls wird das Qualifikationsverfahren im Rahmen einer individuellen Projektarbeit im Betrieb durchgeführt.
Gemeinsames Bekenntnis
Heidy Marx vom Verein «IT rockt!» nahm am Workshop teil und weiss in Zusammenhang mit dem Programm Digital Talents, was es braucht, um Praktikumspartner zu finden. Sie begrüsst die Lancierung einer IMS-T am GBS St.Gallen: «Jede Möglichkeit, ICT-Spezialisten*innen auszubilden, ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort Ostschweiz.» Software-Entwickler Nando Schär von der Innosolv AG pflichtet ihr bei: «Die Jungen sind unsere Zukunft, in sie müssen wir investieren. Sie fordern dich jeden Tag aufs Neue und geben viel zurück.»
Nando Schär wollte sich am Workshop vergewissern, wo der Unterschied zur IMS-W liegt. Mit Absolventen*innen der Fachrichtung Wirtschaft von der Kantonsschule am Brühl hat die Innosolv AG bereits gute Erfahrungen gemacht. Jörn Steffen, Pro-Rektor der Kantonsschule am Brühl, wiegt nicht zwischen den beiden Fachrichtungen Wirtschaft und Technik ab: «Beide Schulen setzten sich für mehr Praxisbezug ein. Wir bekennen uns gemeinsam dazu, mehr Fachkräfte auszubilden.»
Die Vorteile der IMS-T
Als Diskussionsgrundlage dienten nicht nur die Fragen der Workshop-Teilnehmenden, sondern vor allem das «Whitepaper IMS-T». Dieses wurde von den GBS-Lehrpersonen Thomas Keller und Ueli Niederer ausgearbeitet und vorgestellt. Gegenüber der klassisch dualen Bildung der Applikationsentwickler*innen EFZ bietet die IMS-T als schulisch organisierte Grundbildung verschiedene Vorteile:
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Breiter Einblick in verschiedene Anwendungsgebiete der Applikationsentwicklung durch wechselnde Projektarbeiten und Praktikumsbetriebe.
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Dank des internationalen Netzwerks des GBS St.Gallen können die IMS-Schüler*innen auch im Ausland Erfahrungen sammeln.
Die Idee des Praxisbezugsmodells ist, dass die IMS-Schüler*innen nach einer Grundausbildung anfangen, konkrete, stufen- und fähigkeitsgerechte Problemstellungen zu bearbeiten. «Während es sich zu Beginn eher um schulische Lernprojekte handeln dürfte, sollen diese Aufgaben sukzessive durch reale Aufgaben abgelöst werden», erklärte Ueli Niederer.
Diese realen Aufgaben stammen idealerweise von Betrieben, die später auch Praktika anbieten. Auch einzelne Challenges, bei denen Gruppen ein reales Problem im Sinne eines Ideen-Wettbewerbs parallel lösen, sind gemäss Ueli Niederer denkbar. All diese Massnahmen ermöglichen nicht nur das Vernetzen der verschiedenen theoretischen Module aus dem schulischen Teil, sondern fördern auch die kreative Zusammenarbeit.
«Ihr seht, ohne euch geht es nicht», wandte sich Jürg Pfeiffer an die potenziellen Praktikumsfirmen. Dieses Mal wählte er nicht die Schnur als Symbol, sondern einen GBS-Rucksack: «Wir haben diesen Rucksack heute Vormittag gemeinsam gepackt, damit die IMS-T im August starten kann.»