Interactive Media Design Day: Die Tür zu einer neuen Welt geht auf
«blurred» – Die Grenzen zwischen Kunst, Technologie und Design sind fliessend. Am 5. Swiss Interactive Media Design Day am GBS St.Gallen gaben hochkarätige internationale und nationale Referenten*innen Einblicke in ihr Schaffen, ihre Experimente und ihre Visionen. Für die Lernendem fanden sogar schon einen Tag früher Workshops statt, unter anderem mit Emma Margarita Erenst aus Tel Aviv.
Emma Margarita Erenst beschreibt sich als interdisziplinäre Designerin. Sie setzt sich sowohl mit der Bildenden Kunst und Printillustrationen auseinander, als auch mit Game, Textil oder Costumes Design. Mit ihrem Erfahrungsschatz war sie die ideale Eröffnungsrednerin des Swiss Interactive Media Design Day. «Die Grenzen in unserer schnelllebigen und technisch vielseitigen Welt sind verschwommen – blurred. Als Designer*in bin ich während eines Projekts gleich in mehreren Disziplinen gefordert», sprach Emma Margarita Erenst zu den über 200 Zuhörer*innen in der Aula.
Als Beispiel beschrieb sie ihren Auftrag für ein nachhaltiges Textiltechnologie-Startup. Das Ziel: Die Kundschaft wählt die Farbe des Textilprodukts selber, wodurch eine abfallfreie und bedarfsgerechte Textilproduktion möglich wird. Der Lösungsansatz: In einer App kann die Kundschaft Fotos hochladen, zum Beispiel aus dem Wohnzimmer, und erkennt dann, welche Farbe des Kissens oder des Sofas am besten zur Umgebung und zum persönlichen Stil passt. Emma Margarita Erenst nahm während diesem Projekt die Rolle der kreativen Leitung, der Textilgestalterin und der Interfacedesignerin ein.
Vom Lehrling zum Idol
So vielseitig der Beruf der Interactive Media Designer*innen ist, so verschieden sind die Inspirationsquellen. «Denkt darüber nach, wie materielle und menschliche Interaktionen auf natürliche Art und Weise zusammenspielen», gab Emma Margarita Erenst mit auf den Weg. Tags zuvor gab sie den angehenden Interactive Media Designer*innen und Grafiker*innen bereits einen Workshop. Sie gewährte einen Einblick in die Rapid-Prototyping-Techniken.
«Dank diesen Workshops profitieren unsere Lernenden stark von dieser Fachtagung», erklärt Patrik Forrer, Leiter Abteilung Schule für Gestaltung, Lehrberufe. Dass sich eine grosse Mehrheit der Redner*innen Zeit nimmt, um die Lernenden einmal am Morgen und einmal am Nachmittag zu unterrichten, sei besonders bedeutend. «Für sie geht die Tür zu einer neuen Welt auf. Sie sehen, was in ihrem Beruf alles möglich ist und kommen mit ehemaligen Lernenden in Kontakt, die jetzt als Idol auf der Bühne in der Aula stehen», so Patrik Forrer.
Patrik Forrer denkt dabei an Siriam Drobik und Remo Schmidheiny, die hier in St.Gallen zur Schule gingen und vor drei Jahren ihr eigenes Design-Studio Toericht in Zürich gründeten. Ihr Workshop war eine Einführung in die 3D-Welt mit der Open-Source-Software Blender. Siriam Drobik sagt über die Möglichkeiten von Interactive Media Design: «Es ist ein sehr mächtiges und – im Vergleich zu anderen Disziplinen des Designs – ein ausserordentlich vielfältiges Tool.»
Aus London und Prag angereist
Das Studio Toericht leitete mit seinem Auftritt am Freitagnachmittag das Ende des 5. Swiss Interactive Media Design Day ein. Siriam Drobik schwärmt: «Solche Tage sind so wichtig. Es ist das eine, die ganze Theorie und Künstler*innen der Vergangenheit kennenzulernen. Viel inspirierender ist es jedoch immer, wenn wir Leute treffen und hören, die mitten im Arbeitsmarkt stehen und viel über ihre Erfahrungen berichten können.» Sich in der Branche zu vernetzen sei superwichtig.
Derselben Meinung ist GBS-Rektor Daniel Kehl der Redner*innen aus London, Prag, Brüssel, Hamburg, Den Haag, Zürich, Lausanne, Genf und der Rhône-Alpes Region begrüsste. «Viele, die sich in den vergangenen Jahren hier getroffen haben, stehen heute noch in Kontakt», stellte Daniel Kehl erfreut fest.
Er verwies ebenso darauf, dass das Tagungsthema «Game Design» im Jahr 2015 den Nerv der Zeit traf. Mittlerweile mache E-Sports einen beträchtlichen Anteil der Einnahmen der Game-Industrie aus. «Seien sie also stets offen für neue Ansätze und neue technischen Möglichkeiten», so das Fazit von Daniel Kehl.
Der Input aus der Sozialforschung
Zum Beispiel könnte die Sozialforschung betreffend User-Experience-Design höher gewichtet werden. Dafür plädierte die diesjährige Referentin Donika Palaj von KiloKilo, eine digitale Agentur für Design, Code und Motion mit Sitz in Zürich. Aus ihrer Sicht können folgende Ansätze der Sozialforschung auch für User-Experience-Design genutzt werden:
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Das Projekt startet mit der Frage nach dem Warum und nicht mit dem Ziel. Warum soll der User aufgrund unseres Angebots so handeln?
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Der Kontext wird untersucht (Sinn und Strukturen).
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Externes Fachwissen wird genutzt.
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Selbstloses Denken steht an erster Stelle. Sätze wie «Ich bin ja selbst User*in und weiss, was ich von diesem Angebot will» haben keinen Platz.
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Übliche Annahmen im Design-Research-Prozess werden hinterfragt. Der Mut, um schwierige Themen anzusprechen, wird aufgebracht.
Weitere solche Impulse aus der Branche wird es wieder am 6. Swiss Interactive Media Design Day im Frühling 2024 geben.
Das war das Programm des 5. Swiss Interactive Media Design Day am GBS St.Gallen
09:30 Uhr: Emma Margarita aus Tel Aviv
10:25 Uhr: KiloKilo, eine Zürcher Digitalagentur für Design, Code und Motion.
10:45 Uhr: Tina Touli Design aus London.
11:35 Uhr: Lucas Hesse, ein Grafik- und Motion-Designer aus Hamburg.
11:55 Uhr: Oficina Design aus Prag.
13:30 Uhr: AATB.ch aus Zürich.
14:00 Uhr: Base Design aus Genf und Brüssel.
14:20 Uhr: Ecal, Kunstschule in Lausanne.
15:00 Uhr: Lennarts & De Bruijn, prämiertes, niederländisches Kreativstudio.
15:20 Uhr: Studio Toericht aus Zürich.
15:45 Uhr: Scenocosme aus der Region Rhône-Alpes