IoT bald auf der Skipiste? Interactive Media Designer*innen geben Gas
Für ein Puppenhaus ist man nie zu alt. Die technischen Grundbildungsberufe am GBS St.Gallen verfügen über Puppenhäuser, die die Möglichkeiten von Smart Home ideal veranschaulichen. Auch die Studierenden des Lehrgangs Interactive Media Design HF nutzten die Infrastruktur und tauchten ein in die Welt des «Internet of Things» (IoT). Entwickelt wurde Nützliches für die Medizin, die Parkplatzsuche und die Skipiste.
Zu Besuch in der IoT-Werkstatt waren die Studierenden des Lehrgangs Interactive Media Design im Rahmen des Moduls Prototyping. Lehrer Fabian Reifler begrüsste sie mit den einleitenden Worten: «Ich kann mir gut vorstellen, dass künftig bald jeder Gegenstand mit dem Internet verknüpft ist und Informationen liefert. Über Sinn und Unsinn dieser Vernetzung kann und darf man sich streiten.»
Fabian Reifler und die IoT-Werkstatt dienten für das Modul Prototyping als Wissens- und Inspirationsquelle. «Interactive Media Designer*innen gestalten die Schnittstelle zwischen uns Menschen und digitalen Systeme. Sie müssen deshalb neben den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Anwendergruppe auch das technische Potenzial kennen», erklärt Manuel Strobel, Dozent des Moduls Prototyping.
Smart Farming: Sitzt niemand mehr im Traktor?
Zuerst erhielten die Studierenden einen Einblick in die IoT-Anwendungsbereiche wie Smart City, Industrie 4.0 oder Smart Farming. Bei letzterem kann sich Fabian Reifler durchaus vorstellen, dass Traktoren in absehbarer Zukunft automatisch übers Feld rollen. Messungen im Ackerboden könnten mitteilen, welche Wassermenge die Pflanzen benötigen. Fabian Reifler beobachtet diese Entwicklung auch kritisch: «Zu bedenken gilt, dass die Produktion solcher intelligenten Bauteile viel Energie verschlingt. Mit Blick auf die aufwendige Chipherstellung bin ich mir nicht sicher, ob ich durchs Wassersparen genügend Kosten einspare.»
Fächerverbindendes Lernen mit Smart-Home-Puppenhaus
Mit dem IoT-Bereich Smart Home durften sich die Studierenden anschliessend praktisch befassen. Mit ihrem eigenen Laptop griffen sie auf die vernetzten Puppenhäuser in der IoT-Werkstatt zu und steuerten die Beleuchtung, reduzierten die Raumtemperatur oder sendeten Benachrichtigungen über geöffnete Fenster an ihr eigenes Smartphone.
Dabei lernten sie die Software Node-Red kennen und verknüpften in einem nächsten Schritt zum Beispiel die Raumtemperatur mit der Heizung. Manuel Strobel erklärt: «Designer*innen benötigen die Fähigkeit, Bedürfnisse aus Anwenderperspektive mit den technischen Möglichkeiten zu verbinden, um daraus sinnvolle Lösung ableiten zu können. Gespräche mit Experten wie Fabian Reifler und praktische Übungen helfen dabei, die technischen Möglichkeiten schnell zu erfassen.»
IoT-Würfel – ein technischer Prototyp mit Potential
Für die technische Grundausbildung wurde in der IoT-Werkstatt ein sogenannter IoT-Würfel als Basis für weitere Experimente im IoT-Bereich entwickelt. Diese kleine Würfel sind autark, können mit verschiedensten Sensoren und Aktoren ausgestattet werden und sind mit dem Internet verbunden. Der Auftrag an die Studierenden: Das Potenzial dieser mobilen IoT-Würfel anhand eines Prototyps einer digitalen Anwendung erlebbar machen.
Vielfältige IoT-Anwendungsmöglichkeiten
In knapp zwei Tage erarbeiteten die Studierende interaktive Prototypen, begonnen mit einfachen Skizzen auf Papier bis zu bedienbaren Prototypen auf dem Smartphone oder Tablett. Die Ergebnisse, die die Lehrgangsteilnehmenden in der kurzen Zeit entwickelten und zum Abschluss präsentierten, sind beeindruckend:
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IoT als Unterstützung in der Pflege: Alle Bewohner*innen in einem Alters- und Pflegeheim tragen eine Smartwatch, damit die Pflegefachkräfte und die Angehörigen die vitalen Werte auf einem Dashboard einsehen können. Die Pflegefachkräfte können sich alle Zimmer in der Übersicht anzeigen und sehen zum Beispiel bei wem die Herzfrequenz unregelmässig ist oder bei wem der Blutdruck zu hoch ist.
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Parkplatzsuche fürs Auto: Die App ist direkt mit dem Bordcomputer des Fahrzeuges verknüpft und zeigte eine Übersicht aller Parkhäuser in der Umgebung an. Ein freier Parkplatz kann noch während der Fahrt dorthin reserviert werden. Im Parkhaus selbst fährt nach getätigter Reservation eine Säule hoch und hält den Parkplatz eine Viertelstunde lang frei. Hat das Auto das Parkhaus erreicht, wird der Weg zum Parkplatz auf dem Bordcomputer angezeigt. Der Scanner in der Säule checkt letztlich die Autonummer und gibt den Parkplatz frei.
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Das intelligente Wasserbett: Die App ist mit der Mattratze verknüpft und kann deshalb berechnen, wie tief der Schlaf war. Ebenfalls regulierbar ist die Temperatur der Matratze – und zwar gleich für drei Zonen: Kopf, Körper und Füsse. Die Härte des Bettes lässt sich auch über die App steuern, in dem mehr oder weniger Wasser hinzugefügt wird.
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Die Nutrition Health App: Ein Adapter, der sich ans Smartphone stecken lässt, nimmt der Person mittels kleinen Picks in den Finger Blut ab. Die App zeigt jetzt an, worauf der Fokus bei der Ernährung gelegt werden muss. Fehlt es an Vitamin C oder Zink?
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Anlegeplatz für Boote: «Achtung! Mögliche Werkzeuge», heisst es auf dem Bordcomputer eines Bootes, weil Geschwindigkeit und Route der Schiffe in der näheren Umgebung gemessen werden. Die Dashboard-Ansicht liesst dem Kapitän alle Wünsche ab und zeigt ihm die Geschwindigkeit, die Tankkapazität und die nächste Anlegemöglichkeit an.
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Die intelligente Skibrille: Mittels Spracherkennung lässt sich diese Augmented Reality Skibrille steuern. Auf der linken Sichthälfte werden die Schneeeigenschaften und die Pistenauslastung eingeblendet. Dies ist möglich, weil die Skipiste in diesem Zukunftsszenario mit Sensoren verbunden ist. Auf der rechten Seite werden Navigationsziele wie z.B. Restaurants vorgeschlagen. Das Sicherheitsgefühl auf der Skipiste steigern Meldungen wie «Bitte auf andere Fahrer*innen achten!»
Alle sind sich einig: Die Verknüpfung des Fachwissens aus der IoT-Werkstatt mit dem Inhalt des Studiums der Interactive Media Designer*innen und die Nutzung der IoT-Lehrausstattung war das Highlight des Moduls Prototyping. Wer weiss, was sich daraus in absehbarer Zukunft ergibt? Vielleicht ein interdisziplinäres Projekt, das Designer*innen und Techniker*innen gemeinsam bestreiten…