Pionierprojekt: BM2-flex hebt ab
Die Berufsmaturität erfolgreich meistern und trotzdem mit einem Arbeitspensum von 60 Prozent berufstätig sein – das ermöglicht die BM2-flex. Das neue Angebot am GBS St.Gallen ist mit je einer Schulklasse in den beiden Ausrichtungen Technik, Architektur, Life Sciences und Gesundheit und Soziales gestartet. Die 40 Schüler/-innen absolvieren die Berufsmaturität nach der Lehre in vier Semestern in einem attraktiven und herausfordernden Teilzeitstudium. Die BM2-flex ist ein Teilprojekt innerhalb der IT-Bildungsoffensive (ITBO) des Kantons St.Gallen.
Nach 1440 Lektionen werden die Schüler/-innen der BM2-flex ihren Abschluss in den Händen halten. 60 Prozent davon werden sie selbstständig und zeit- sowie ortsunabhängig digital über die Lernplattform Moodle absolvieren. «Wie es der Name verrät, ist die Flexibilität der grosse Vorteil. Die Schüler/-innen dürfen selber bestimmen, wann sie was in welchem Tempo lernen», erklärt Michael Bossart, Pro-Rektor am GBS St.Gallen und Projektleiter BM2-flex. Roberto Schmidli, Abteilungsleiter BM, machte am Begrüssungstag der beiden Klassen ein Beispiel: «Im ersten Semester sind für den Deutschunterricht 66 Lektionen geplant. 30 davon werden im klassischen Setting im Schulzimmer durchgeführt, die anderen 36 Lektionen im digitalen Bereich.»
Damit im Hinblick auf die vier Semester trotz dem Online-Fokus möglichst rasch ein Klassenzusammenhalt entsteht, wurde das Kennenlernen hoch gewichtet. Am Startevent im Schulhaus Bild lernten die Schüler/-innen besondere Fähigkeiten und Gemeinsamkeiten voneinander kennen. Sie genossen ein gemeinsames Mittagessen und stellten sich mit Papierfliegern einem Wettkampf. BM-Lehrer Ismael Albertin bilanziert: «Ihr seht, hier ist extrem viel Potenzial im Raum. Die Berufsmatura ist eine spannende Zeit in eurem Leben. Hier lernt ihr nicht nur neue Kompetenzen, hier entstehen auch Freundschaften.»
Ein Meilenstein auf dem Weg ins Studium
Joel Saliner hat sich bereits ausführlich mit seinen neuen Mitschüler/-innen unterhalten. Als gelernter Konstrukteur hat er sich für die Ausrichtung Technik, Architektur, Life Sciences entschieden. Dass er sich die Lernzeiten selber einteilen kann, kommt ihm entgegen: «Die BM2-flex hat sich für mich angeboten, weil ich weiterhin mit einem Pensum von 60 Prozent arbeiten kann. So kann ich in meiner Firma noch ein Projekt beenden.»
Sarah Modisch will sich mit der BM2-flex den Weg für ein Studium in Sozialer Arbeit ebnen. Dank der BM2-flex mit Ausrichtung Gesundheit und Soziales könne sie nebenbei weiter auf ihrem erlernten Beruf als Kauffrau arbeiten. Das Selbststudium bereitet ihr keine Sorgen. Sie sagt: «Bei mir funktioniert das gut. Während der Pandemie habe ich gemerkt, dass ich diszipliniert bin.» Auch Joel Saliner vertraut auf seine Erfahrungen, die er während Corona sammeln musste. Er wisse mit dem Online-Unterricht umzugehen und könne selbstständig arbeiten.
Diszipliniert und selbstständig
Jeweils auf den Freitag ist der Präsenzunterricht für die beiden Klassen angesetzt. «Parallel dazu können sie weiter im Betrieb arbeiten, sich zuhause um die Familie kümmern oder der Sportkarriere nachgehen», so Jan Sahner, Lehrgangsleiter BM2-flex. Am Begrüssungstag nahm er die Schüler/-innen aber auch in die Pflicht: «Viele Basics werden sie daheim selbst erarbeiten müssen. Planen sie dafür eineinhalb Tage pro Woche ein. Der Präsenzunterricht baut in der Regel auf den im Selbststudium erarbeiteten Inhalt auf.»
Der Freitag dient zur Klärung von Verständnisfragen und zur Vertiefung des Wissens mit anspruchsvollen Anwendungs- und Transferaufgaben. «Die BM2-flex erfordert Selbstdisziplin, Selbstständigkeit sowie eine hohe digitale Affinität», führt Jan Sahner weiter aus. Dafür steigern die Schüler/-innen ihre Selbstkompetenz und erweitern ihr Repertoire an Lernstrategien.
Moodle – auch ein digitales Aufgabenbuch
Am Einführungstag lernten die Schüler/-innen alle Lehrpersonen für die verschiedenen Fächer von Deutsch über Physik bis zu den Sozialwissenschaften kennen. Zudem loggten sie sich zum ersten Mal auf Moodle ein. Moodle-Experte Christian Schlegel zeigte den Schüler/-innen, wo sie die interaktiven Aufgaben finden. Auf dem weltweit populären Learning Management System sind Texte, Filme und Quizzes zu finden. «In einem derart starken Onlinesetting brauchst du ein Tool, das Lernen auf ganzheitliche Art unterstützt», so Christian Schlegel.
Sowohl für die Schüler/-innen als auch für die Lehrpersonen dient Moodle als Steuerungsinstrument. Die Übersicht über unmittelbar anstehende und bereits erledigte Aufgaben ist hilfreich und bietet Transparenz. «Alle Beteiligten wissen, wo sie stehen. Moodle ist auch ein digitales Aufgabenbuch», erklärt Christian Schlegel.
Coaching online buchbar
Der neue Lehrgang mit Moodle als Kernelement bringt auch neue Anforderungen für die BM-Lehrpersonen mit sich. Jan Sahner sagt: «Medienkompetenz ist erforderlich. Zudem war es ein Zusatzaufwand, die Kurse auf Moodle in den letzten zwölf Monaten neu zu erstellen.» Die Lehrpersonen agieren als flexible Coaches und bieten Beratungsgespräche an, die vorgängig online gebucht werden können. Entweder finden diese dann am Ende des Schultages oder online statt.
Der neue Lehrgang ist ein Teilprojekt innerhalb der IT-Bildungsoffensive (ITBO) des Kantons St.Gallen, für dessen Umsetzung das Amt für Berufsbildung als Leadorganisation verantwortlich ist. Das Pionierprojekt BM2-flex wurde in den vergangenen zwei Jahren ausgearbeitet. Zuerst konzeptionell mit einer Kerngruppe aus fünf Lehrpersonen der Berufsmaturität. Anschliessend wurden die Lernpfade für Moodle erarbeitet. Pro-Rektor Michael Bossart ist stolz auf das bisher Geleistete: «Die BM2-flex ist für uns eine spannende Geschichte. Autodidaktisch haben wir dazugelernt und jetzt sind wir motiviert, alles auszuprobieren.»