Schönheitsideale: Fotografieren gegen den Mainstream
Was ist schön? Pünktlich aufs Semesterende hin präsentieren die Studierenden des berufsbegleitenden HF-Lehrgangs Fotografie der Schule für Gestaltung St.Gallen ihre Werke. Die Fotografen*innen nehmen sich den Schönheitsidealen an. Eine Übersicht über alle Werke gibt es hier und die Infos über deinen möglichen Studiumseintritt pro Semester findest du hier.
Der Begriff Schönheit wurde in der Fotografie auf unterschiedlichste Arten bereits visualisiert. Jetzt haben die Studierenden im 5. Semester der Schule für Gestaltung St.Gallen weitere Werke veröffentlicht. Muss Schönheit unbedingt mit attraktiven Menschen verbunden sein? Und was empfinden wir überhaupt als attraktiv? Die Bildserie von Joachim Keller zeigt Tattoos als Körperkunstsprache der Seele. «Jedes Tattoo hat seine eigene Geschichte, ist geprägt durch positive und negative Erfahrungen», erklärt Joachim Keller.
Andri Vöhringer betrachtet Verschmelzungen als schön. Zum Beispiel wenn man während eines Konzerts eins wird mit dem/der Künstler*in – oder wie er selbst mit Objekten. Auf einer Aufnahme ist er selbst auf einem Kühlschrank zu sehen. «Ich konzentrierte mich auf die Langzeitbelichtung am Tag. Jedes Bild wurde eineinhalb Minuten lang belichtet.»
«Wow ist das schön!»
Die Werke der Fotografen*innen sind in einer Publikation gesammelt. Dessen gedruckte Auflage ist limitiert, die einzigartige Bildsprache fasziniert. Lehrgangsleiter Christian Schnur erklärt: «Schön ist natürlich auch ein Sonnenuntergang oder meine gut gepflegte Hauskatze. Der Schönheitsbegriff ist durch uns individuell geprägt.» Die Studierenden waren aufgefordert, den Begriff persönlich visuell auszuloten. Sie untersuchten die Schönheit in Bezug auf Körper und Hülle fotografisch. «Die Bilder liefern uns keine Antworten auf der Suche nach Schönheit, sondern sind subjektive Interpretationen dazu», so Schnur.
Co-Lehrgangsleiterin Désirée Good hört den Ausdruck «wow ist das schön!» oft. «Wir wollen das Wort befreien von den allgemeinen Mainstream-Bildern, mit denen wir in der Werbung berieselt werden», erklärt sie gegenüber dem St.Galler Portal toxic.fm. Studentin Stefanie Rohner beispielsweise hat in ihren Bildern den nie enden wollenden Winterblues thematisiert. Mit ihren Selbstporträts «I’m not ok» stellt sie die damalige mentale Gesundheit dar – Gesten und Stimmung werden dem/der Betrachter*in eindrucksvoll vermittelt.
Das Auge für die kleinen Dinge
Stefanie Rohner arbeitet Teilzeit als Journalistin für die St.Galler Nachrichten und ist als freischaffende Fotografin tätig. Sie habe sich für den berufsbegleitenden HF-Lehrgang Fotografie entschieden, um das Handwerk noch besser zu beherrschen. «Ich habe während den vergangenen fünf Semestern viel über die eigene Bildsprache und die Arbeit mit visuellen Konzepten gelernt», sagt sie.
Joachim Keller pflichtet ihr bei: «Ich gehe mit anderen Augen durchs Leben und interessiere mich mehr für die kleinen Dinge. Wie setze ich sie ins richtige Bild?» Er beherrsche den Umgang mit der Kamera und die gesamte Aufnahmetechnik jetzt noch besser. «Und ich binde auch mein Gegenüber, den Menschen, mehr in meine Fotografie mit ein.»
Andri Vöhringer seinerseits ist seit Beginn des Studiums als selbstständiger Fotograf tätig. Er habe einen beruflichen Wechsel gebraucht und sei sozusagen von 0 auf 100 in die Fotografie eingestiegen. Er schätz, dass im Unterricht die technischen Aspekte zu Kamera, Licht und Zubehör vertieft vermittelt werden. Sein neues Wissen hat er nun in seine Fotoserie «hard to explain» einfliessen lassen.