Eine komplexe Baustelle direkt am Bahnhof Wil – wie gemacht für Baupoliere/-innen

Die Grundstücke an der Unteren Bahnhofstrasse 1 bis 11 in Wil weichen einem Neubau, der das Quartier beleben und aufwerten soll. Die knapp vierjährige Bauzeit hängt mit der exponierten Lage direkt am Bahnhof zusammen. Baupoliere/-innen der Baukaderschule St.Gallen überzeugten sich vor Ort, welche hohen Anforderungen diese Ausgangslage an Baulogistik, Statik und Bauphysik stellt.
Wil befindet sich bekanntlich im geografischen Dreieck zwischen St.Gallen, Winterthur und Frauenfeld. Die Grossbaustelle im Stadtkern hat ihre eigene Dreiecksbeziehung, eingebettet zwischen Bahnhof, Untere Bahnhofstrasse und Hubstrasse. Bauführer Claudio Fuchs und Baupolier Willy Heimann sprechen vor den angehenden Baupolierern/-innen der Baukaderschule St.Gallen deshalb von einer äusserst komplexen Baustelle.
Alleine die rund 3000 Fuhren an Materiallieferung müssen akribisch genau geplant werden. Die insgesamt 1400 Tonnen Baustahl oder 14'000 Kubikmeter Beton werden über dieselbe Strasse geliefert wie der Busverkehr und auch der Arbeitsverkehr rollen. Claudio Fuchs sagt: «Es ist eine Baustelle mit vielen Finessen. Eine Frage, die uns beschäftigt ist: Wie bringe ich wie viel Material wann wohin?»
Digitaler Zugriff auf aktuelle Baupläne
Wenn sämtliches Material aufgrund der Platzverhältnisse über denselben Umschlagplatz läuft, werden Planung, Materialkontrolle und Kommunikation noch wichtiger als sie es ohnehin schon sind. «Wir können uns auf ein eingespieltes Team aus Vorarbeitern und Baupolierern verlassen», sagt Claudio Fuchs. Mit den Fachleuten im Tiefbau wurde zudem Hand in Hand gearbeitet und in die Planung der Ingenieure fliessen die Inputs von Ausführungsseite ein.
Willy Heimann behält bei dieser «Just in Time»-Vorgehensweise auch dank seinen CAD-Kenntnissen den Überblick. Er nutzt das iPad nicht nur als Stichwortgeber während der Führung der Studierenden, sondern löst damit auch anspruchsvolle Vermessungsaufgaben. Er erklärt: «Jedem Vorarbeiter und jedem Polier stehen die aktuellen Pläne digital zur Verfügung. Bei unserer rollenden Planung ist es wichtig, immer up to date zu sein.» Am Beispiel der Fassadenelemente, die um die Ecke verlaufen, zeigt Willy Heimann auf, dass das E-Messkonzept funktioniert: «Die Fenster stimmen haargenau und weichen höchstens innerhalb der erlaubten fünf Millimeter ab.»
Ein neues Quartier entsteht
Im Frühjahr 2022 begann der Bau auf einer Grundstückfläche von fast 4500 Quadratmetern. Ein standardisiertes Vorgehen ist aufgrund der rundlichen Fassade nicht möglich. Das Gebäude macht den Bogen der Bahngleise mit.
Das Wiler Leuchtturmprojekt wird ausserdem als 2000-Watt-Areal realisiert und erfüllt die Vorgaben für eine Minergie-Zertifizierung. Es soll das Quartier beleben und entwickeln. Entstehen wird Raum für urbanes Wohnen, Detailhandel und Dienstleistungen. Geplant sind 107 Wohneinheiten, wovon 32 Wohnungen Menschen im hohen Alter ein selbstbestimmtes Leben im Alter ermöglichen. Bei 64 der 107 Wohneinheiten handelt es sich um zweieinhalb Zimmerwohnungen.

In der Überbauung «Perronimo» soll das Gewerbe einziehen. Die Flächen in den ersten beiden Etagen sind im Edelrohbau gehalten. Dadurch sind alle denkbaren Arbeitsplatzkonzepte umsetzbar. Dass sich die Flächen im Erdgeschoss auf Augenhöhe mit dem Pendlerverkehr befinden, dürfte Shops, Coiffeure und Fitnesscenter freuen.

«Achtet auf die Gesundheit eurer Mitarbeitenden»
Im ersten Quartal 2026 sollen die Gewerbeflächen und die Wohnungen bezogen werden – nach fünf Jahren Planung und Bauzeit. Bis dahin werden die Studierenden selbst einige Jahre Berufserfahrung als Baupoliere/-innen gesammelt und allenfalls schon die Weiterbildung Bauführer/-in HFP in Angriff genommen haben. Auch Claudio Fuchs und Willy Heimann waren an der Baukaderschule St.Gallen im Unterricht. Umso mehr freute es die beiden, dass es immer noch einen Nachwuchs gibt, der am Baugewerbe interessiert ist.
Zum Abschluss sagte Claudio Fuchs: «Ich habe das Feuer in euren Augen gesehen. Ich wünsche euch viel Spass da draussen, denn schon bald übernehmt ihr selber den Lead.» Dabei sollen die Baupoliere/-innen die Materiallieferungen gewissenhaft kontrollieren und den Fokus auf die Arbeitssicherheit legen. Claudio Fuchs erklärt: «Beides lohnt sich auf lange Sicht bei jedem Bauprojekt. Achtet auf die Gesundheit eurer Mitarbeitenden und nehmt trotz Termindruck lieber einmal einen Gang raus.»
