Was alles hinter einem Sprint steckt
Applikationsentwickler/-innen EFZ pflegen und hegen das Product Backlog ihres Scrum-Projekts täglich. Die valantic CEC Schweiz AG zeigte einer Klasse der Informatikmittelschule (IMS) wie sie diese Prozesse handhabt. Mit einem Praxiseinblick über Sprints, Backlogs, Groomings, Reviews usw. hat Thomas Kehl (Lehrperson am GBS) sein Modul «Software mit agilen Methoden entwickeln» abgeschlossen.
Die Vorbereitungen auf einen Sprint live miterleben durfte die IMS der Kantonsschule am Brühl. Im Besprechungszimmer der Beratungs- und Entwicklungs-Firma valantic traf sich das Entwicklungsteam zum Backlog Grooming. Es galt den Webshop eines Schmierstoffherstellers zu optimieren. «In diesem Ticket hält der Kunde fest, dass gewisse Produkte aus geographischen Gründen oder für bestimmte eingeloggte User/-innen nicht bestellbar sind. Es geht darum, eine neue Meldung zu programmieren», erklärt Riccardo Russo, Senior Application Consultant und Software-Entwickler bei valantic.
Die Schüler/-innen sahen anhand des eingeblendeten Ticketverwaltungstools Jira, dass die User Story verständlich formuliert ist. Die Entwickler verstanden, warum und wo sie eine Anpassung vornehmen sollen. Ebenso sind die sogenannten Akzeptanzkriterien klar, also all das, was die Entwickler innerhalb dieses Tickets beachten müssen.
Es gilt mit der Meldung zwei Fälle abzudecken. Die neue Information soll lauten: «Dieses Produkt ist für die Kundengruppe oder das Land nicht freigegeben. Bitte melden sie sich direkt bei unseren Mitarbeitenden.» Wie gross ist der Aufwand, um diese Änderung im Webshop vorzunehmen? Riccardo Russo schilderte den Schüler/-innen, dass der zeitliche Horizont einer solchen Ticketumsetzung aus wirtschaftlichen Gründen und zwecks Planung geschätzt werden müsse.
Abschluss als Applikationsentwickler/-in EFZ
Das valantic-Team gewährt den Gästen der IMS bereits jetzt einen Einblick, den sie am Ende ihrer dreijährigen Schulzeit vertieft in einem zwölfmonatigen Praktikum erhalten. Lehrer Thomas Kehl unterrichtet das Modul «Software mit agilen Methoden entwickeln» und andere sowohl für die Informatikmittelschüler/-innen als auch für die Lernenden des GBS St.Gallen. Er erklärt: «Beide Wegen führen letztlich zum Abschluss als Applikationsentwickler/-in EFZ. Während die Berufsschüler/-innen den Praxisalltag in ihren Lehrbetrieben kennenlernen, investieren wir für die Informatikmittelschüler/-innen gerne die Zeit für einen Praxisbesuch. Wir schätzen die Offenheit diesbezüglich von valantic sehr. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich eine Firma Zeit nimmt, um den jungen Leuten einen so praxisnahen Einblick zu gewähren. Diese Strukturen ergänzen zukünftig auch die IMS, welche wir ab August 2023 zusätzlich am GBS St. Gallen anbieten.» Im Gegensatz zur Kantonsschule am Brühl jedoch mit einer technischen anstatt einer wirtschaftlichen Berufsmaturität.
Für das Berufskundemodul wird der Unterricht der Informatikmittelschule Fachrichtung Wirtschaft an der Kantonsschule am Brühl ans GBS St.Gallen ausgelagert. «Nachdem die Schüler nun 40 Lektionen lang Theorie gelernt und im Schulsetting angewendet haben, hören sie bei valantic, dass es in der Realität wirklich so ist», sagt Thomas Kehl.
Unterschiede zwischen Theorie und Praxis
Scrum steht für eine spezifische Art des Projektmanagements: Für schlanke Prozesse, regelmässige Feedbackschleifen und eine schrittweise Entwicklung. Bei diesem agilen Prozess gibt es allerdings Unterschiede zwischen der Theorie und der Realität. Riccardo Russo erklärt den Schülern/-innen, dass einzelne Personen im realen Arbeitsalltag an mehreren Projekten tätig sind und sich nicht nur auf eines konzentrieren.
Zudem sieht die Theorie vor, dass jede Person im Entwicklerteam alle Fähigkeiten besitzt oder sich diese im Verlaufe des Projekts aneignen kann. In der Praxis zahlt es sich jedoch aus, wenn im Entwicklerteam unterschiedliche Fähigkeiten vorhanden sind. Jemand ist aufs Frontend spezialisiert, der oder die andere aufs Backend oder die Software SAP. «Wer was getan hat und wer heute an was arbeitet, klären wir in unserem Daily Meeting jeden Morgen. Das dauert nicht länger als 15 Minuten und dient der allgemeinen Abstimmung im Team», sagt Riccardo Russo. Daily Meetings, Codereviews, Grooming, Bugfixing und User Story entwickeln – die Schüler/-innen erhielten einen umfassenden Überblick über den vielseitigen Alltag der Applikationsentwickler/-innen.