Wenn Lehrpersonen wie Unternehmer*innen denken
Wenn es um Unternehmerische Kompetenzen geht, dann werden die Lernenden am GBS St.Gallen hinsichtlich Eigeninitiative, kritischem Denken und kreativer Problemlösung geschult. Um Unternehmerisches Denken und Handeln (UDH) am GBS St.Gallen noch besser zu verankern, nahmen ABU-Lehrpersonen des GBS St. Gallen und den Berufsschulen Rapperswil, Toggenburg und Uster an einer Weiterbildung teil. Sie schlüpften in die Rolle der Lernenden und spielten das Lernprogramm myidea für sich durch – mit der gepitchten Geschäftsidee als Höhepunkt zum Abschluss.
«Buongiorno e benvenuti!» Diese simple Begrüssung hat einen grossen Effekt. Sie nimmt das Gegenüber mit nach Italien. Die Worte wecken die besten Erinnerungen ans «dolce far niente». Der ABU-Lehrer Domenico Le Donne vom BWZ gewann die Aufmerksamkeit während seines fünfminütigen Pitchs vom ersten Augenblick an. Anschliessend konnte er für seine italienischen Fleischprodukte werben, die im Glarnerland hergestellt werden. «Ein Testlauf hat uns gezeigt, dass das Bedürfnis nach authentischen, italienischen Fleischprodukten da ist, die nach altem Handwerk hergestellt werden», erklärt Domenico Le Donne den Zuhörer*innen der GBS-internen Weiterbildung Unternehmerisches Denken und Handeln.
Ein Bedürfnis erkennen und daraus das passende Angebot ableiten, ist der Kern des Pilotprojekts «Unternehmerisches Denken und Handeln an Berufsfachschulen der Schweiz». Alle Berufslernenden sollen die Chance haben, sich unternehmerische Kompetenzen anzueignen. Die praktische Umsetzung von UDH wird am GBS St.Gallen zurzeit vom Leiter ABU Mario Della Costanza zusammen mit allen ABU-Lehrpersonen herausgearbeitet. Sie besuchten deshalb die Weiterbildung, um das UDH-Lernprogramm myidea.ch von der Berner Fachhochschule besser kennenzulernen und sogleich anzuwenden.
Die eigenen Erfahrungen machen – auch barfuss
Ab dem Schuljahr 24/25 sollen die myidea-Inhalte integrativer Bestandteil im Allgemeinbildenden Unterricht bei EFZ-Ausbildungen sein. «Myidea schafft klare Qualitätsstandards für UDH. Wir entwickeln uns als Schule dank solchen wissenschaftlich validierten Unterrichtseinheiten weiter», erklärt Mario Della Costanza. Das Lernprogramm basiert auf den folgenden Säulen und lässt den Lehrpersonen darüber hinaus freien Gestaltungsspielraum:
-
Die Lernenden arbeiten an etwas Eigenem und lernen, kritisch zu Denken.
-
Die Lernenden machen ihre eigenen Erfahrungen.
-
Eine Verzahnung zwischen Wissen und Anwendung wird konsequent vollzogen.
-
Es wird negatives Wissen aufgebaut (aus gescheiterten Ideen lernt man).
Myidea-Initiantin Prof. Dr. Susan Müller zeigte den GBS-Lehrpersonen auf, dass Firmengründungen nicht im Vordergrund stehen. «Ihr vermittelt Kompetenzen, die die Lernenden auch sonst im Leben brauchen. Sie entwickeln eine Idee, können diese formulieren und kommunizieren. Sie können andere davon überzeugen, im Team den Weg gemeinsam zu bestreiten», so Susan Müller. Als Beispiel stellte sie die preisgekrönte Idee von Joana Probst vor. Die Schülerin am Bildungszentrum Olten entwickelte ihr «Barfut Adventscher».
myidea: Barfut adventscher from hep verlag ag on Vimeo.
Sinnvoller Rollenwechsel
Joana Probsts Enthusiasmus zeugt davon, dass sie sich mit einem selbstgewählten Thema beschäftigen durfte, das sie brennend interessiert. «Die jungen Leute sollen etwas Eigenes machen und dabei die eigenen Ideen und diejenigen von anderen kritisch hinterfragen», sagt Susan Müller. Annahmen sollen validiert und verschiedene Perspektiven in Betracht gezogen werden.
Gerade um dieses Denkmuster zu verinnerlichen, half die UDH-Weiterbildung. So gab es «viele Aha-Erlebnisse. Dieser Rollenwechsel unterstützt uns dabei, den Lernenden diese benötigten Kompetenzen noch besser zu vermitteln», bekräftigte Mario Della Costanza. Damit sich die Stärke von UDH am GBS St.Gallen von Anfang an möglichst breit entfalten kann, wird eine Verknüpfung mit dem Berufskundlichen Unterricht angestrebt.
Zum Schluss der Pitch
Barbara Köppel, Lehrerin an der Schule für Gestaltung St.Gallen, weiss, dass einige ihrer Lernenden grosses Interesse an diesem mehrwöchigen UDH-Unterricht haben. «Ich kann mir zum Beispiel eine Verknüpfung im Rahmen der Vertiefungsarbeit gut vorstellen. Einzelne Lernende haben in der Vergangenheit schon Angebote wie ein Webshop entwickelt», so Barbara Köppel. Gefallen haben ihr auch einzelne myidea-Bausteine wie das Notieren von fünf persönlichen Stärken, die bei einem neuen Geschäftsmodell förderlich sind. «Dabei lernen die Lernenden neue Interessen und Begabungen voneinander kennen.»
Als die ABU-Lehrer*innen nun zum Schluss ihre Ideen präsentierten, konnte man die Wichtigkeit des letzten Teils dieser Weiterbildung, des Pitch-Events, bereits im Vorfeld spüren. In den Pausen wurde über den Pitch gesprochen und alle feilten bis kurz vor knapp noch an ihren Präsentationen. Alle überboten sich mit ihren Pitches und der Perspektivenwechsel ist vollends gelungen.
Drink, swing and win
Gemeinsam mit Vera Koslowski entwickelte Barbara Köppel während der UDH-Weiterbildung eine Geschäftsidee mit Golfer*innen als Zielgruppe. Sie präsentierten der Jury um Katharina Fellnhofer (ETH Zürich, Department of Management, Technology, and Economics), Sandro Haag (Gründer von YEP sowie livom.ch) und Daniel Kehl (Rektor GBS St.Gallen) drei verschiedene Shot-Getränke. «Eine Golfrunde mit 18 Loch ist sehr lange und ab dem 12. Loch bahnt sich ein Tief an», schildert Vera Koslowski. Ihre Shots geben den Spieler*innen entweder einen Energieschub oder helfen, die Konzentration zu bewahren. «Drink, swing and win» – ein eingängiger Slogan, den die Lehrpersonen hier kreiert haben, und von dem sich die Berufsschüler*innen im eigenen UDH-Unterricht für Ihre eigene Geschäftsidee Inspiration holen können. Mit einem Apéro zum Abschluss und der Zertifikatsübergabe schloss die Weiterbildung, um nun im Schulalltag Fuss zu fassen.
Mehr Infos über das Schweizerische Zentrum für Unternehmerisches Denken und Handeln gibt es hier.