Vize-Weltmeister! GBS-Lernende durchbrechen die asiatische Dominanz

Das Erlebnis WorldSkills macht die Teilnehmenden sprachlos und ist vor lauter Überwältigung schwer zu beschreiben. Zugleich ist es die beste Werbung für das Schweizer Berufsbildungssystem. Die WorldSkills-Teilnehmenden des GBS St.Gallen haben in Lyon emotionale und erfolgreiche Tage erlebt – ganz besonders die frisch gekürten Vize-Weltmeister Julian Gemperli (Metallbauer) und Maurin Schickli (Skill Industry 4.0). Der Teamgeist und die bedingungslose Unterstützung für das SwissSkills-Nationalteam werden vom Grossevent in Erinnerung bleiben.
Vize-Weltmeister! Das GBS St.Gallen jubelt über Metallbauer Julian Gemperli, der bis vor kurzem noch die Berufsschule in der Kirchgasse besuchte, und freut sich über Informatiker Maurin Schickli, der sein letztes Schuljahr im Riethüsli begonnen hat. «Ich habe davon geträumt, dass es aufgeht und hart dafür gearbeitet», sagt Julian Gemperli unmittelbar nach der Übergabe der Silbermedaille im Fussballstadion von Olympique Lyon.
Maurin Schickli sieht den intensiven Weg über die Regionalmeisterschaft und die Swissskills bis hin zur langen Trainingsphase ebenfalls gekrönt. Dass er in einer Teamdisziplin antreten durfte, kam ihm gelegen. Er und sein Partner Leon Bamert von der Mechatronik Schule Winterthur hätten sich im Skill Industry 4.0 gegenseitig zur Bestleistung gepusht. Letztendlich wurden sie nur von den Chinesen Junwei Lu und Huixuan Xie geschlagen, die punktemässig die besten Berufsathleten aller 1400 WorldSkills-Teilnehmenden waren.
Wie die drei Musketiere
Unabhängig vom Resultat haben die Schweizer Berufschampions eine Meisterleistung erbracht. Inspirierend war der sichtbare Berufsstolz, imponierend der Teamgeist. «Alle für einen – Einer für alle!» lautete das Motto der Schweizer Berufs-Nati. Passend zum Gastgeberland Frankreich wurde der Leitsatz der drei Musketiere ausgewählt.
Dieser bedingungslose Zusammenhalt sieht Nadia Koller, Bäckerin-Konditorin, Confiseurin EFZ, als grossen Pluspunkt. Sie sagt: «Wir haben es sehr gut untereinander. Als es mir am ersten Tag nicht gut gelaufen ist, kam das Team tags darauf kurz vor dem Ende vor meine Box. Wir halten zusammen, jeder und jede fühlt mit.» Nadia Koller beschreibt die Atmosphäre an den WorldSkills als unglaublich. Sie lasse sich nicht in Worte fassen.
Bewunderung für die Berufstalente
Die Berufsweltmeisterschaft in den Eurexpo-Hallen von Lyon war ein Event der Superlative. Allein 2000 Fans aus der Schweiz unterstützen das mit 45 Wettkämpfer/-innen grösste SwissSkills National Team aller Zeiten. Nach einem Rundgang vor Ort lobte Franziska Loretan, GBS-Prorektorin Berufsmaturität, die tolle Stimmung: «Die Zuschauenden bewundern die jungen Berufstalente. Es ist sehr eindrücklich, wie Lernende aus der ganzen Welt in ihrem Beruf ihr Bestes geben.»
Selbst Bundesrat Guy Parmelin liess es sich nicht nehmen, dem SwissSkills National Team die Daumen zu drücken. Das Erfolgsgeheimnis der Schweiz mit 15 Medaillen bei den WorldSkills benennt er wie folgt: «Unser duales System ermöglicht es Unternehmen, durch eine fundierte Aus- und Weiterbildung rasch kompetente Fachkräfte zu gewinnen.»
Jeder Handgriff muss sitzen
Während Wirtschaftsminister Guy Parmelin seinen Besuch für Treffen mit internationalen Politikern und Bildungsexperten nutzten, organisierten Berufsverbände während oder nach den Wettkämpfen Netzwerkanlässe. Die Bühler AG ihrerseits nutzte die verkraftbare Anreisezeit nach Lyon und organisierte einen Ausflug mit über 100 Lernenden. Plötzlich standen die Mitstiften/-innen vor Maurin Schickli (Sill Industry 4.0) und Florentin Kaufmann (Skill Mechatronics) und schauten ihnen über die Schultern – passend gekleidet mit grünen Trikots und der Aufschrift «Go for Gold!».
Die beiden Berufsbildner David Hollenstein und Denis Forster erklärten den Lernenden, worauf sie während ihres Rundgangs achten sollten. Hingewiesen wurde auf die ruhige Herangehensweise und die gezielten Handgriffe. Maurin Schickli blickt zurück: «Mein Teampartner Leon Bamert und ich haben alles gegeben. Während den ersten drei Tagen hatten wir genügend Zeit und alles hat funktioniert. Am letzten Tag wurde es stressig.» Der Wettkampf habe ihm sehr viel Spass gemacht.
Strenger Blick der Experten/-innen
Dasselbe Fazit zieht Metallbauer Julian Gemperli. Er sei gut vorbereitet gewesen und habe das zeigen können, was er geübt habe. «Den schönsten Moment empfand ich jeweils am Morgen, als ich die Eurexpo nach der einstündigen Busfahrt betrat und in Richtung Arbeitsplatz lief. Die Anspannung war dann besonders gross», erklärt Julian Gemperli.
Anspannung steigert die Konzentration – und die war notwendig. Bei Julian Gemperli hatten die Experten/-innen einen strengen Blick auf die Schweissqualität, Massgenauigkeit und die Sicherheitsstandards. Letztendlich war nur der Chinese Feng Zhou besser als er. Rei Amano aus Japan und Donghyun Kim aus Korea verwies er auf den Bronzeplatz.

Durchziehen und konzentriert bleiben
Bei den Köchen/-innen war gegen die asiatische Dominanz nichts auszurichten. Gold ging an China, gefolgt von Korea und Taipeh. Noch nie musste Markus Schmid gegen so viele starke Gegner/-innen kochen wie an den WorldSkills 2024. «Alle sind die Nummer 1 ihres Landes. Die Psychospiele begannen bereits auf dem Weg zum Arbeitsplatz, als alle darauf achteten, wie sauber die Schuhe und die Kochschürze sind», schildert der Ausserrhoder.
Markus Schmid und seine Kontrahenten bereiten Vorspeise, Hauptgericht und Dessert entsprechend den technischen Anforderungen zu. Die Bewertungskriterien hatten es in sich und beinhalteten beispielsweise Kochtechnik, Portionengrösse, oder den Umgang mit Food Waste. Die grösste Herausforderung für ihn sei gewesen, über vier Tage lang die Konzentration konstant aufrechtzuhalten: «Immer bei Halbzeit sagte ich mir, dass ich es durchziehe und die Aufgabe erfolgreich beende.»

Medallion for Excellence
Mit dieser Willensleistung sicherte sich Markus Schmid wie Nadia Koller, Florentin Kaufmann und der für Liechtenstein gestartete GBS-Lernende Bo Ryffel die Medallion for Excellence. Diese dürfen alle um den Hals tragen, die es zwar nicht aufs Podest geschafft haben, aber eine stattliche Anzahl an Punkten erzielten.
In einer sogenannten Exhibition Skill jubelte Steinmetz Felix Kuster bereits am Tag vor der Schlussfeier über Silber. Stellvertretend für alle Teilnehmenden blickt Felix Kuster glücklich auf seine Zeit in Lyon zurück: «Die WorldSkills waren ein Mega-Erlebnis. Ich habe viele neue Leute kennengelernt und mitbekommen, wie Steine in anderen Ländern bearbeitet werden.»


Bilder: WorldSkills und SwissSkills
Audio-Interview: SwissSkills