«Herr Kölliker, was macht die Regierung gegen den Personalmangel?»

Hoher Besuch am GBS-Standort Grütli: Mit Stefan Kölliker (SVP) diskutierte der St.Galler Regierungspräsident und Vorsteher des Bildungsdepartements mit den angehenden Restaurantfachfrauen/-männer, Coiffeusen/Coiffeuren und Köchinnen/Köchen. Er empfiehlt den Lernenden: «Blickt der Zukunft mit positiven Gefühlen entgegen und nutzt die vielen Möglichkeiten, die das Leben und das Schweizer Bildungssystem euch bereithalten.»
Manche Fragen an Regierungspräsident Stefan Kölliker wären auch in der SRF-Politsendung Arena nicht präziser gestellt worden. Der Bildungschef bedankte sich für das ehrliche Interesse der Lernenden mit authentischen und klaren Antworten. Die Gastro-Lernenden wollten von ihm zum Beispiel wissen, was die St.Galler Regierung gegen den Mangel an Personal unternehme. Stefan Kölliker skizzierte vor den 50 anwesenden Lernenden politische Massnahmen, um die Berufsbilder zu stärken und attraktiver zu machen. Unter anderem sollen sich Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren lassen.
Moderiert wurde das Gespräch von Angelina, Restaurantfachfrau im dritten Ausbildungsjahr. Es sei cool gewesen, diese Rolle einzunehmen und den Anlass für einmal nicht von der Seite der Lernenden mitzuverfolgen. Mit den Antworten des Regierungspräsidenten zeigte sie sich zufrieden: «Er diskutierte auf eine lockere Art mit uns.»

«Wie haben sie es zum Regierungspräsidenten geschafft?»
Die Lernende des Restaurants Peter und Paul sorgte gleich selbst für den bestmöglichen Einstieg. Angelina begrüsste Stefan Kölliker herzlich im Grütli und wählte eine clevere Frage, um das Eis zu brechen: «Wie haben sie es als KV-Absolvent zum Regierungspräsidenten geschafft?» Sein Werdegang sei ein gutes Beispiel dafür, was im Schweizer Bildungssystem möglich sei, antwortete er. Nach seiner KV-Berufslehre eröffnete er sein eigenes Treuhandbüro und schlug nach und nach eine Karriere als Politiker ein. Vor 16 Jahren wurde er als erster und bis heute noch einziger SVP-Politiker in den St.Galler Regierungsrat gewählt. Ende Mai 2024 wird er nach seiner vierten Amtszeit als Bildungschef auf eine Wiederwahl verzichten.
Zurückblickend sagt Stefan Kölliker: «Ich habe nie meine eigenen Ziele in den Mittelpunkt gerückt, sondern mich immer für die Sache eingesetzt. Die nächsten Jahre sind für euch entscheidend, denn auch ihr habt eure Entwicklung in der eigenen Hand. Was wollt ihr im Leben? Ihr könnt alles selber entscheiden und leisten. Das macht Spass.»
«Warum sind Coiffeusen/Coiffeure unterbezahlt?»
Ihre Fragen sammelten die Lernenden jeweils im ABU-Unterricht. Angelina erzählt, dass sich ihre Klasse zuerst mehrheitlich oberflächliche Fragen notierte. «Dann gab uns unsere Lehrerin Dominique Angehrn den Input, politischer zu werden und Fragen zu stellen, die mit einer Google-Suche nicht beantwortet werden können», so Angelina.
Gesagt getan: Die angehenden Coiffeusen/Coiffeuren wollten wissen, wie sie zu einem höheren Lohn kommen. «Vielleicht muss die Gesellschaft die Leistung von Dienstleistungsberufen noch mehr anerkennen. Sich bewusst werden, wie wichtig die Arbeit von Coiffeusen oder dem Pflegepersonal ist», so Stefan Kölliker. Er selbst sei gegen Mindestlöhne, da nicht garantiert sei, dass diese beispielsweise von allen Salonbesitzer/-innen gestemmt werden können.

«Welches Restaurant haben sie in St.Gallen am liebsten?»
Während der Diskussion rief Stefan Kölliker auch in Erinnerung, wie wichtig die zwischenmenschliche Beziehung gerade in Dienstleitungsberufen ist. Er erinnere sich gerne an den Austausch mit seinem Coiffeur: «Wegen den Gesprächen bin ich immer gerne zu ihm gegangen.» Ebenso müsse die Ambiance in einem Restaurant stimmen. «Wenn mich jemand mit schlechter Laune bedient, läuft einiges falsch», sagt der Vorsteher der Departemente Bildung und Sport.
Einzig bei der Frage nach seinem bevorzugten Restaurant in der Stadt St.Gallen wollte sich Stefan Kölliker nicht festlegen. Er schmunzelte zuerst und sagte: «Als Politiker gebe ich immer eine präzise Antwort. Ich bin total begeistert von unserer städtischen Gastronomie. Das Preis-Leistungsverhältnis ist top!» An die künftigen Gastrofachpersonen gerichtet, sagte Stefan Kölliker: Wer im Kanton St.Gallen die passende Lokalität für sich finde und eine hohe Qualität abliefere, habe gute Chancen, ein erfolgreiches Restaurant zu betreiben.
«In der Berufsbildung ein Vorzeigekanton»
Anlässlich seines Präsidialjahres führt Stefan Kölliker Gespräche mit Jugendlichen zu Themen, die sie beschäftigt. Während sechs Besuchen, die auf Schulen im gesamten Kanton verteilt sind, tauscht sich der 53-Jährige mit der Generation Z aus. Vor seinem Auftritt am GBS St.Gallen fanden Gespräche an der Kanti am Brühl, an der Kantonsschule in Sargans und an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen statt.
Im Grütli wiederholte Stefan Kölliker seine Aussage, die er am Bildungstag Sek II im November machte: «Ich bin sehr erfreut, wie differenziert die Jugendlichen mit den Fragen der heutigen Zeit umgehen und eigene Meinungen entwickeln – und dann auch vertreten. Ich bin guter Dinge, dass die jetzige Jugend mit Veränderungen der Gesellschaft und ständig wechselnden Bedürfnissen der Wirtschaft gut umgehen kann.»
Im Frühsommer 2024 verabschiedet sich Stefan Kölliker nach 16 Jahren im Amt. Als er als Regierungsrat begonnen habe, genoss St.Gallen schweizweit als Bildungskanton ein hohes Ansehen. «Wir waren und sind diesbezüglich ein Vorzeigekanton. Mein Ziel war es, dieses hohe Niveau zu halten. Gerade die Berufsbildung ist dank euren Lehrpersonen und eurer Schulleitung das Mass aller Dinge.» Für passende Rahmenbedingungen sorgte Stefan Kölliker unter anderem mit der IT-Bildungsoffensive. Mittlerweile fördern 23 Teilprojekte vom Kindergarten bis zur Universität die IT-Kompetenzen.
