Lets talk about money, honey! Die Workshops an der Tÿpo St.Gallen
Das Tabuthema Geld. Im Verlaufe der siebten Ausgabe der Tÿpo St.Gallen wurde es des Öfteren engagiert diskutiert. Mittendrin befanden sich die Studierenden der Schule für Gestaltung St.Gallen. Die Tÿpo und ihre Workshops am Samstagvormittag sind fixer Bestandteil des Unterrichts für die berufsbegleitenden HF-Weiterbildungen Visuelle Gestaltung und Interactive Media Design.
Während der Tÿpo ist St.Gallen der Gravitationspunkt der Typografie und der Grafikszene. So gewichtete es das Grafikmagazin in seiner Vorschau und der dreitägige Anlass liess sogleich Taten auf diese Vorschusslorbeeren folgen. In 13 interaktiven Workshops diskutierten die Teilnehmenden am Samstagvormittag angeregt oder liessen ihrer eigenen Kreativität freien Lauf. «Die Tÿpo St.Gallen ist und bleibt ein wichtiger Event, bei dem man sich weiterbildet und austauscht», sagt Anne Treichel, Dozentin an der Schule für Gestaltung St.Gallen und Mitglied des OK-Teams der Tÿpo St.Gallen.
Das liebe Geld
Besonders gut besucht war der Workshop von Maike Hamacher, Co-Lehrgangsleiterin Visuelle Gestaltung HF und Mitgründerin des Büros 146. Sie fragte in die Runde: «Was ist deine Zeit und deine Arbeit wert? Je länger ich diesen Job mache, desto wichtiger ist es zu wissen, von welchem Einkommen ich leben kann.»
Wie hält man dagegen, wenn die Kundschaft den Preis drücken will? Der anfallende Aufwand solle sichtbar gemacht werden, lautete ein diskutierter Lösungsansatz. Wie Ärzte/-innen oder Handwerker/-innen sollen Designer/-innen in ihrer Offerte detailliert begründen, welche Aufgaben anfallen.
Ein wichtiger Schritt zur Transparenz leisten die Designer/-innen, wenn sie ihre Arbeitszeit erfassen und dokumentieren. Dadurch stehen rasch Informationen für die nächste Offerte zur Verfügung und der Kunde kann besser nachvollziehen, weshalb ein zusätzlicher Geldbetrag zur finalen Ausgestaltung des Projekts nötig wird.
Nicht unter dem eigenen Wert verkaufen
An der Diskussion nahmen auch Vanessa Buffato und Lea Steiger teil, beide Studentinnen des Lehrgangs Interactive Media Design HF. Sie bemerkten, wie skeptisch sich die Gesprächsrunde gegenüber Pitches äusserte. Eine Teilnahme solle gut überlegt sein, so der Tenor. Was beide für sich mitnehmen, ist, sich nicht unter dem eigenen Wert zu verkaufen. «Bin ich zu günstig, schade ich durch das price dumping einer ganzen Branche. Auch als Anfänger/-in sollte ich keine zu tiefe Preise verlangen», sagt Vanessa Buffato.
Deshalb ging es im Workshop von «geraumt»-Podcaster Christan Lunger darum, wie man sich und seine Arbeit vor der Kundschaft richtig verkauft und eine Beziehung aufbaut. Die Teilnahme an diesem Workshop lag für HF-Student Alessandro Romeo auf der Hand: «Für mich ist es ein wichtiges Thema, wie ich auf potentielle Kunden zugehe und sie akquiriere.» Die Tÿpo ist St.Gallen ist für den angehenden Interactive Media Designer eine gute Gelegenheit, um sich mit den anderen Teilnehmenden über deren Strategien, Schwierigkeiten und Erfolgsgeschichten auszutauschen.
Ist das Ende des Papierdrucks gekommen?
Die Designforscherinnen Ladina Ingold und Katharina Scheller sammelten in ihrem Workshop Inputs fürs Brand Design der Zukunft. «Was motiviert uns und welche Werte vertreten wir?», fragte Katharina Scheller. Seine persönliche Wertvorstellung verriet das Duo zuvor während eines halbstündigen Referats in der Aula. Beide setzen sich für mehr Nachhaltigkeit im Grafik- und Printdesign ein.
Wie sich Projekte nachhaltiger produzieren lassen, stellen die beiden in ihrem Buch New Graphic Standard vor. «Den goldenen Weg gibt es nicht. Lösungen und Kompromisse sind situativ», erklärt Katharina Scheller. Zum Beispiel müssen nicht alle Texte radikal nur noch digital zur Verfügung stehen. Schliesslich funktioniert die Informationsaufnahme gerade bei langen Texten in gedruckter Form wesentlich besser. «Aber Recyclingpapier ist ein Gamechanger», so Katharina Scheller. Es werde weiterhin geforscht und entwickelt, damit Recyclingpapier im Vergleich zum Frischfaserpapier nicht mehr länger als langweilig grau und minderwertig betrachtet werden muss.
Es sind solche Inputs, die Studentin Gianna Looser (Visuelle Gestaltung HF) ein positives Fazit ziehen lassen: «Die Tÿpo bietet einen spannenden Einblick in die Arbeit von Designer/-innen aus der ganzen Welt.» Am Samstagnachmittag berichtete zum Beispiel der in China geborene und heute in Berlin lebende Jianping He über seinen Alltag als Grafikdesigner und Verleger. Darauf folgte Designjournalistin Kay Jun aus Korea, die in ihrem Workshop einen Ein-Buchstaben-Hanguel entwerfen liess.
Die Ausstellung des Zeughaus Teufen mitplanen
Gespannt darf man auf die Ausstellung «Protest Architektur» im Zeughaus Teufen sein. Co-Leiterin Lilia Glanzmann nutzte den Workshop und sammelte von den Teilnehmenden Ideen für die Ausstellung im Frühjahr 2024. Welche Exponate sollten in der Ausstellung gezeigt werden, um die Botschaft am besten zu vermitteln? Welche Art von Raumgestaltung und Beleuchtung verbessert die Ausstellungserfahrung? Und welche Rahmenveranstaltungen wären beliebt? Eine Idee war zum Beispiel, dass Schulklassen ein eigenes Protestobjekt bauen. Eine andere, dass die Besucher/-innen der Vernissage die Ausstellung gleich selber einrichten.
An Ideen und Inputs mangelte es der siebten Ausgabe der Tÿpo St.Gallen wahrlich nicht. So viele kreative Köpfe auf einmal werden sich wieder im November 2025 in St.Gallen zusammenfinden, wenn der Branchentreffpunkt zum achten Mal stattfindet.
Ohne starke Partnerschaften wäre ein Anlass wie die Tÿpo St.Gallen nicht möglich. Die Schule für Gestaltung St.Gallen und das OK-Team der Tÿpo St.Gallen bedanken sich bei allen involvierten Personen und Firmen.
Die im Vorfeld der Tÿpo St.Gallen erschienenen «geraumt»-Podcasts gibt es hier.